29 April 2012

„ Ich heißt Ajona.“

Christian Hugo

Auszug aus dem Band „Gringostorys aus der KaribikLeben in der DomRep“ von Christian Hugo.  


Er war sein Leben lang gerne Lehrer gewesen, drüben in deutschen Landen, aber das hier und jetzt?

Erwachsene, meist schöne Frauen zwischen achtzehn und 40 Jahren, mit einem Deutschen befreundet, verlobt, verheiratet oder auch nur scharf auf einen künftigen Novio. Dominikanerinnen und Haitianerinnen zu unterrichten, das war etwas Neues. 
Und hätte er, außer an seinem Gymnasium nicht auch ein paar Jahre an der Volkshochschule seiner Heimatstadt Italienisch unterrichtet, er hätte das hier an einer Sprachenschule in Puerto Plata niemals ausgehalten. 
An der VHS gab es ein echtes Bildungsgefälle. Da saßen Promovierte und ehemalige Hauptschüler in einem Raum, eine echte Herausforderung.

Nun unterrichtete er seit mehr als zwei Jahren diese durchweg fröhlichen und aufgeschlossenen Menschen, die sich wohl in der Intensität ihrer Hautpigmente unterschieden, aber kaum in der Erkenntnis, dass man ein Verb, wie im Spanischen (Espagnol castellano) auch, konjugieren können müsse, um von Deutschen nicht belächelt zu werden. Und dabei hatte der Philologe zu seiner eigenen Erleichterung festgestellt, dass Deutsch Basics um einiges leichter zu sein schien als das Spanische. 
 Aber was hülfe es unseren exotischen Schönheiten, dies zu wissen? 

Erkenntnis per se hilft nicht, sondern nur eines: Üben, üben und üben! 

Da bist Du echt gefordert, sagte sich der Pädagoge und ging täglich mutig in den Ring; an drei Nachmittagen der Woche. Er war schließlich pensioniert und benötigte das Kleingeld, das man ihm für den Job bezahlte, eigentlich nicht; allerdings lernte er bei dieser Gelegenheit Spanisch und das mit fast siebzig, was nicht einfach ist. 

Also, die Hoffnung stirbt zuletzt, sagte er sich, und hoffte darauf, dass viereinhalb Stunden Einzelunterricht pro Woche den mujeres dominicanas etwas brächten. 
„Wie heißt du?“ war seine stereotype Eingangsfrage, die wochenlang mit „Heißt Ajona.“ beantwortet wurde. 

„Und wie heißt dein Freund?“ „Heißen Thomas.“ war der Fortsetzungsdialog. Haben Sie jetzt eine Vorstellung, wie das dann meist weitergeht? 

Vielleicht kriegt man im Laufe der Wochen noch ein paar Subjekt-Personalpronomen rüber…Ist nicht leicht, denn im Spanischen braucht man die nicht unbedingt. Gut angenommen wird auch der Vorschlag, statt eines Pronomens das Subjekt zu wiederholen, nur nicht bitte deinen eigenen Namen, gelt? Das tust du mir bitte nicht an! 
Nach dem Motto „Ajona gehst zu Kino.“ auf die Frage „Was machst du?“ 

(…)

(www.christianhugo.com)

Keine Kommentare: