27 Mai 2014

Dominikanische Republik will Saatgut privatisieren, Bauern protestieren

Santo Domingo

Ein Gesetz zur erleichterten Privatisierung von bäuerlichem Saatgut hat in der Dominikanischen Republik fast ohne öffentliche Debatte den Senat passiert. Nachdem der Entwurf Ende April binnen weniger als einer Woche im Senat beschlossen wurde, muss nun die Abgeordnetenkammer darüber abstimmen. Angesichts dieser Situation warnen die Lateinamerikanische Koordination der ländlichen Organisationen Cloc und die Bauernorganisation Vía Campesina vor den Gefahren, die eine mögliche Privatisierung des biologischen Erbes des Landes birgt.

Der Gesetzentwurf wurde vom Ex-Landwirtschaftsminister und Senator Amílcar Romero eingebracht. Er ist zugleich Unternehmer in der Branche für landwirtschaftlich genutzte Chemikalien und Vizepräsident der Dominikanischen Gesellschaft für Verkauf und Handel chemischer Düngemittel.

Sollte das Gesetz in Kraft treten, so müsste Saatgut in der Dominikanischen Republik künftig vom Nationalen Büro für Saatgut (ONASE) genehmigt werden. Das geplante Gesetz würde rechtlich und wirtschaftlich jene Bauern und Bäuerinnen bestrafen, die Saatgut verwenden oder untereinander tauschen, das nicht den Standards von ONASE entspricht. Das heißt, Landwirte würden das Recht verlieren, ihr eigenes Saatgut zu erhalten, zu verbessern und zu tauschen.

Hintergründe und weltweite Diskussion über Saatgut-Privatisierung
Längst gewinnen Bauern nicht mehr Jahr für Jahr das Saatgut aus den eigenen Pflanzen, sondern beziehen es von Züchtern. Da einige wenige Agrarkonzerne, allen voran Monsanto, Syngenta und DuPont, den Saatgutmarkt dominieren, ist die Sortenvielfalt der Nutzpflanzen und die Unabhängigket der Bauern schon jetzt stark eingeschränkt. Die Folgen für Menschen und Umwelt sind fatal.

Die Saatgutbranche ist heute so konzentriert wie noch nie. Die zehn grössten Saatgutkonzerne machen drei Viertel des kommerziellen Saatgutmarktes unter sich aus. Die drei "Bigplayer" des Saatgutmarktes sind dabei Monsanto, DuPont und Syngenta. In ihren Händen sind rund 53% des Marktes (Zahlen 2009). Noch markanter sind die Zahlen bei genetisch verändertem Saatgut: Laut Greenpeace hielt Monsanto 2009 einen Marktanteil von ca. 90% des weltweit verkauften gentechnisch veränderten Saatguts.

Es gibt jedoch große regionale Unterschiede. Während die Landwirtschaft in den Industrieländern hauptsächlich mit kommerziellem Saatgut versorgt wird, ist sie in Entwicklungsländern – noch! - von bäuerlichem Nachbau und Austausch geprägt. In Indien liegt der Anteil von kommerziellem Saatgut in der Landwirtschaft bisher nur bei 30%, in Afrika aktuell unter 10%.

Hinter der Dominanz kommerziellen Saatguts in den Industrieländern und der Entstehung einer „Saatgut-Oligarchie“ steckt eine Geschichte von landwirtschaflichen Veränderungen, gezielten Firmenfusionen und Übernahmen, der Anwendung von Patenten und rechtlichen Rahmenbedingungen, die diese Entwicklungen begünstigen.

So genial wie fatal - Hybridsaatgut
Schon immer haben Bauern einen Teil ihrer Ernte zurückbehalten und daraus ihr eigenes Saatgut selektiert, vermehrt und mit ihren Nachbarn getauscht. In vielen Ländern spielt diese traditionelle Produktion von Saat- und Pflanzgut auch heute noch eine große Rolle. Doch kann jeder Landwirt das einmal erworbene Saatgut weiterzüchten, gehen den Zuchtbetrieben viele potentielle Käufer durch die Lappen. Ein wirtschaftlich genialer Schachzug der Saatgut-Großkonzerne ist im Vergleich dazu das Hybridsaatgut.

Das Hybridzüchtungen sind so verändert, dass die erste Ernte bei optimaler Versorgung mit Wasser, Dünger und Pestiziden einen 15-30% höherer Ertrag abwirft, die nächste Generation des Saatguts aber wieder in eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzenformen aufgeht. Ein Nachbau ist mit modernen Hybriden meist nicht möglich, was einem „eingebauten“ Sortenschutz gleichkommt. Um die Erträge auf hohem Niveau zu halten sind die Bauern gezwungen, jedes Jahr neues Saatgut zu kaufen.

Das Hybrid-Saatgut wird damit beworben, höhere Erträge einzubringen, resistenter gegenüber Schädlingen und Krankheiten und technisch leichter handhabbar zu sein. Kritiker setzen dem entgegen, dass dies auch mit samenfesten Sorten erreichbar ist und verweisen auf Qualitätsprobleme, zu hohe Preise, eine zunehmend eingeschränkte Sortenvielfalt und die vermehrte Abhängigkeit von großen Saatgutkonzernen bei Hybriden.

Quellen: amerika21 und reset.org und Schrot und Korn

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