14 April 2012

Kolumbus: „Paradies und Hölle sind da, wo immer wir hingehen.“

Kolumne 2 - C.H.

Na, liebe Residenten, sind Sie gut über die Ostertage gekommen? Haben Sie sich auf die Straße und ins Menschengetümmel an den Stränden getraut? Was haben Sie beobachtet?




Überschäumende Freude? Richtig, ja? Sind Sie meiner Meinung, dass die Dominikaner eigentlich Grund hätten zum Demonstrieren, nicht aber zum Feiern, angesichts der Probleme des Landes? 
Armut, Kriminalität, Drogenhandel, Korruption im Kleinen und im Großen, nach wie vor fehlende Investitionen in Bildung und Infrastruktur, Rückgang von Tourismus in manchen Regionen und damit verbundener Arbeitslosigkeit, Brutalität mancher Ehemänner gegen ihre Frauen etc.? 
Trotzdem wird gefeiert; die Menschen strahlen uns an.

Darf ich diejenigen meiner Leserinnen und Leser, die Ostern in unsrer Heimat verbracht haben, angesichts des oben Geschilderten einmal provozieren mit der Frage „Haben Sie unsre Sozialschwachen, Arbeitslosen und Hartz4er feiern sehen? 
Oder aber auf die Straße gehen, für mehr Arbeitsplätze oder höhere Stütze demonstrieren? Und warum wirken unsre Landsleute oft schwermütig, sogar dann, wenn sie einen Arbeitsplatz haben? Überall in der Welt bekannt als Miesepeter, die nur Negatives sehen?“

Fakt ist: (wenn wir Günter Grass einmal beiseitelassen…) weder in der DR noch zuhause wird zur Zeit wider den Stachel gelöckt! Harren wir also der kommenden Wahlen? Die „Piraten“ drohen in deutsche Parlamente einzufallen! Ob das aber unsre etablierten Politiker zu besserer Politik, was immer das sein mag, anspornen wird?

Und die Parlamentswahlen im Mai hier auf der Insel: wird der noch amtierende Staatspräsident Dr. Leonel Fernandez durch Danilo Medina von der Regierungspartei PLD ersetzt werden? Oder durch den Oppositionskandidaten „El Papá“ Hipólito Mejía (PRD)? Einen Mann, der sich während seiner 1. Legislaturperiode gewaltig bereichert haben soll? 
 Sprich: eigentlich in den Augen vieler Dominikaner ins Gefängnis gehört? Der die Staatsschulden in ansehnliche Höhen getrieben hat. Welcher, so er gewählt wird, die offenen Rechnungen der Vorgängerregierung nicht begleichen, dafür aber seine umfangreichen Wahlversprechen einlösen möchte, was wiederum die Staatsschulden in die Höhe treiben wird.

Wie sagte mir kürzlich mein Tankwart Ricardo von der Texaco Tankstelle in Sosúa ? Er glaube weder dem einen noch dem anderen Kandidaten. Gemeint ist, er habe die Qual der Wahl. Aber er glaube an sich, daran, dass er ein gutes Trinkgeld von den Gringos kriegt, wenn er nett und freundlich ist. Und so ist es auch. Und das Schöne: es fällt ihm gar nicht schwer; es ist ihm nämlich, wie so vielen anderen Dominikanern, angeboren.

Und da kann man sich schon mal fragen, woher die gute Laune der Dominikaner kommen könnte, nicht wahr? Weshalb ich Sie anregen möchte, über folgende Hypothese nachzudenken. Gestatten 

Sie vorab eine kurze Überleitung:

Als ich in der Osterwoche den Film „Die Eroberung des Paradieses“ aus dem Jahre 1992 – genau 500 Jahre nach Entdeckung der Neuen Welt – zum zweiten Male sah, wurde mir erst richtig bewusst, mit wie viel Engagement und Optimismus Kolumbus auf seine erste Fahrt ging. Ohne zu wissen, wie weit die Reise ging und ohne zu ahnen, ob er Gold (für die herrschende Klasse) finden würde, schaffte er es, mit aus dem Hut gezauberten Versprechen (sprich Nichtwissen) Sponsoren zu finden; beinahe wäre es nach drei Wochen auf hoher See zur Meuterei auf seinen drei Schiffen gekommen. 
Aber er hatte das Glück des Tüchtigen und die Mentalität des Südeuropäers, die letztlich zum Erfolg, wenn auch nicht in Gänze, führten.

Besonders ein Satz von Kolumbus, verkörpert von Gérard Dépardieu, geht mir nicht mehr aus dem Sinn:
„Paradies und Hölle können beide irdisch sein, denn sie sind da, wo immer wir hingehen.“
Zugegebenermaßen eine mystische Hypothese, aber könnte an diesem Gedanken, ob historisch verbürgt oder nicht, etwas dran sein? 
Könnten die heutigen Dominikaner diese Weisheit des Eroberers von Hispaniola etwa verinnerlicht haben?

Für Ihre Gedanken hierzu verbleibe ich dankbar, bis zum nächsten Mal,

Ihr Christian Hugo

(www.christianhugo.com)

Keine Kommentare: